Arbeiten mit Spielelementen: Die Vorteile von Gamification im Berufsleben

aktualisiert am 30.06.2025  | 
Artikel von: Stefan Zinke
Mit Gamification steigt der Spaß bei der Arbeit. ©Yuri A/peopleimages.com, Adobestock.com

Gamification bezeichnet den Einsatz von Spielmechaniken und -elementen in nicht-spielerischen Kontexten, um das Engagement und die Motivation von Menschen zu steigern. Durch die Integration von Belohnungen, Herausforderungen und Wettbewerb werden alltägliche Aktivitäten wie Lernen, Arbeiten oder Fitness interessanter und motivierender. Ziel ist es, Verhaltensänderungen zu fördern und die Nutzererfahrung zu verbessern, indem spieltypische Anreize in den Alltag integriert werden. All dies gilt als einer von mehreren positiven Veränderungen für Arbeitnehmer, genannt Arbeit 4.0.

So könnte Gamification im Berufsleben aussehen

Gamification wird im Arbeitskontext immer beliebter und zieht in viele Firmen ein, da ihr Nutzen klar belegt ist. Es gibt eine Vielzahl an Methoden, etwa durch Punktesysteme, Adventskalender auf der eigenen Webseite oder Quizze. Hier soll jedoch der Fokus auf die Zufriedenheit der Arbeitnehmer gelegt werden. Auch das Erreichen von Meilensteinen – beispielsweise “10 Jahre Betriebszugehörigkeit” oder “höchste Kundenzufriedenheit” und damit verbundene virtuelle oder physische Auszeichnungen sind eine gute Möglichkeit der Gamification im Job.

Im Arbeitsumfeld kann die Leistung beispielsweise auch durch freundschaftliche Rankings festgehalten werden. Fortschritte lassen sich somit auf einen Blick erkennen und miteinander vergleichen. Insbesondere wenn akustische Trigger mit einem Sieg oder Levelaufstieg verbunden sind, kann die eigene Motivation gesteigert werden. Sprachlernapps wie Duolingo halten auf ähnliche Weise das Interesse der Nutzer hoch.

Spiele können auch hilfreich sein, um Wissen über das Unternehmen zu erlangen. Auch im Bewerbungskontext wird auf Gamification gesetzt: Die Martin Agency – eine amerikanische Agentur für kreative Werbung – lockte Bewerber mit einem Quiz ins Bewerbungsgespräch, wodurch der Spaß beim Spiel mit dem Unternehmen verbunden wird und Bewerbungen wahrscheinlicher werden.

Warum die Gamifizierung viele Vorteile bietet

Durch Belohnungen, Punktesysteme, Abzeichen und Ranglisten werden die Nutzer des Gamification-Ansatzes dazu angeregt, kontinuierlich an Aufgaben zu arbeiten und ihre Ziele zu erreichen. Dies führt zu einer verbesserten Lern- und Arbeitsleistung, da Gamification den Spaß an der jeweiligen Tätigkeit fördert, was letztendlich zu höherer Produktivität und besseren Ergebnissen führt.

Wettbewerbe und Herausforderungen motivieren die Nutzer, einander zu übertreffen und ihre Leistung zu steigern. Interaktive und spielerische Elemente steigern das Engagement der Nutzer. Zudem wird die Nutzererfahrung verbessert, da Gamification alltägliche Aufgaben interessanter und abwechslungsreicher gestaltet, was die allgemeine Zufriedenheit und das Wohlbefinden steigert.

Gamification fördert auch positive Verhaltensänderungen, indem gezielte Anreize und Feedback eingesetzt werden, um gewünschte Verhaltensweisen zu verstärken und negative Verhaltensmuster zu reduzieren. Darüber hinaus fördert Gamification die soziale Interaktion. Sie regt die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Nutzern an, stärkt soziale Bindungen und erzeugt ein Gemeinschaftsgefühl.

Yu-Kai-Chou und das Octalysis-Modell

Das Octalysis-Framework-Modell stützt sich auf die acht wichtigsten Motivatoren des Menschen und wurde von Yu-kai Chou, einem taiwanesisch-amerikanischen Autor, Dozenten und Unternehmer, entwickelt. Chou fokussiert sich auf Gamification und Behavioral Design, eine Methodik zur aktiven Gestaltung von Verhaltensweisen und Gewohnheiten. Das Modell analysiert und strukturiert menschliche Motivationen durch acht zentrale Antriebskräfte:

  1. Bedeutung im Beruf finden: Ein wesentlicher Motivator ist die Sinnfindung in der eigenen Arbeit. Der Antrieb muss von einer tiefen Überzeugung getragen werden, dass die Tätigkeit einen größeren Zweck erfüllt. Die Belohnung ist hierbei zweitrangig. Wenn sich der Einzelne als Teil eines größeren Ganzen sieht, steigert dies die Sinnhaftigkeit der Arbeit.
  2. Entwicklung und Leistung: Dieser Motivator bezieht sich auf den Wunsch nach persönlichem Aufstieg und Fortschritt. Menschen streben danach, sich zu verbessern und ihre Fähigkeiten auszubauen. Ehrgeiz und der Drang, Ziele zu erreichen, sind hier die Hauptantriebe.
  3. Besitz: Der Anreiz auf eine Belohnung, sei es materiell oder immateriell, ist ein starker Motivator. Es geht dabei nicht nur um Geld. Punktesysteme oder Anerkennung im beruflichen Kontext können ebenso das Belohnungssystem ansprechen. Selbst die Aneignung von Wissen kann als motivierend empfunden werden.
  4. Selbstbestimmung: Menschen neigen dazu, bereits gelernte Fähigkeiten in neuen Konstellationen einzusetzen und ihre Kreativität auszuleben. Dieser Motivator betont die Bedeutung von Autonomie und kreativer Freiheit. Feedback ist erforderlich, um die eigenen Herangehensweisen zu überprüfen und zu verbessern.
  5. Soziale Antriebskräfte: Kommunikation und soziale Interaktionen spielen eine zentrale Rolle in der Gamification. Menschen sind soziale Wesen und streben nach sozialer Akzeptanz und Wettbewerb. Diese Faktoren motivieren, engagiert zu bleiben und sich kontinuierlich zu verbessern.
  6. Vermeiden negativer Konsequenzen: Die Möglichkeit, negative Konsequenzen zu vermeiden oder potenzielle Verluste zu verhindern, wirkt ebenfalls motivierend. Im Kontext von Gamification bedeutet dies, dass das Versäumnis einer Aufgabe oder eines Ziels spürbare Konsequenzen haben kann.
  7. Zufallsfaktoren: Ein gewisses Maß an Glück und Zufall spricht viele Menschen an. Dies zeigt sich beispielsweise in der Spielsucht im Casino. Im beruflichen Kontext soll zwar kein Suchtverhalten erzeugt werden, jedoch kann es hilfreich sein, wenn Ergebnisse nicht immer vorhersehbar sind, um die Spannung aufrechtzuerhalten.
  8. Knappheit: Knappheit erhöht den Wunsch, etwas zu besitzen oder eine schwer zu erreichende Aufgabe zu bewältigen. Dieser Motivator spielt auf das Streben nach exklusiven und limitierten Ressourcen oder Chancen an.

Diese acht Mechanismen steuern uns alle und können, wenn sie in das Arbeitsleben eingebunden werden, neuen Antrieb und Motivation schaffen. Dies kommt sowohl dem Arbeitgeber als auch dem Arbeitnehmer zugute, denn wer hat nicht gerne Spaß bei der Arbeit? Das Octalysis-Framework bietet somit eine umfassende Analyse und praxisnahe Anwendungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsmotivation und Zufriedenheit.

Deep Dive: Bartles und Marczewskis Nutzertypen in der Gamification

Wer auf welche Spielarten am meisten anspricht, hängt vom jeweiligen „Spielertypen“ ab. Genauso wie in einem Videospiel hat jeder Nutzer unterschiedliche Vorlieben, und diese Typen lassen sich auch in den Arbeitskosmos einbinden.

Dr. Richard Bartle identifizierte Anfang der 90er Jahre vier grundlegende Spielertypen: die Killers, die Achievers, die Socialisers und die Explorers. Jede Gruppe weist individuelle Ausprägungen von vier verschiedenen Faktoren auf. Die Killers sind mehr am eigentlichen Spiel interessiert und interessieren sich weniger für soziale Aspekte oder das generelle Drumherum, während die Explorers das Erkunden und die Interaktionen als am wichtigsten empfinden.

Bartles Modell hat jedoch zwei große Nachteile: Es ist zu eng gefasst und zielt hauptsächlich auf Online-Rollenspiele ab. Andrzej Marczewski hat dieses Modell weiter spezifiziert. Er identifiziert sechs Nutzertypen: die Socialiser, die Free Spirits (Freigeister), die Achiever (Erfolgsjäger), Philanthropists, Players und Disruptors (die Störer).

Die Nutzertypen und ihre Eigenschaften

Die Socialiser streben nach Verbundenheit und sozialen Interaktionen unter den Spielern. Free Spirits lieben Unabhängigkeit und Selbstbestimmung. Die Achiever sind Erfolgsjäger, für die Leistung der Hauptantrieb ist. Philanthropen brauchen einen Sinn in ihrer Tätigkeit. Players suchen die Belohnung, Besitz und Zufallsfaktoren sind die wichtigsten Motivatoren für sie. Die Disruptors schließlich versuchen stets, Veränderungen zu erwirken, egal ob positiver oder negativer Natur. Ihr einziger Antrieb ist die Selbstbestimmung, sie lassen sich kaum etwas sagen.

Auch wenn hier mehr Spielergruppen genannt werden als noch bei Bartles, muss gesagt werden, dass jeder Mensch einzigartig ist und abhängig von der Situation unterschiedliche Herangehensweisen wählt. Es ist wichtig, sich selbst zu hinterfragen und zu wissen, warum man eine bestimmte Aufgabe gerade macht. Keinen Anreiz zu haben, schadet auf Dauer nicht nur der Arbeitsmoral, sondern auch der eigenen Gesundheit.