Berufsbild Industriekaufmann: Aufgaben, Gehalt und Karrierechancen

aktualisiert am 18.07.2025  | 
Artikel von: Hannah Schmidt, Stefan Zinke, Melina Mark
Der Industriekaufmann steuert die betriebswirtschaftlichen Prozesse eines Unternehmens, von der Materialwirtschaft über den Vertrieb bis hin zur Buchhaltung, und sorgt so für einen reibungslosen Ablauf der industriellen Produktion. ©NanSan, Adobestock.com

Als Industriekauffrau oder Industriekaufmann lernst du sämtliche Bereiche eines Unternehmens kennen. Du durchläufst die kaufmännischen Abteilungen deines Ausbildungsbetriebs und schnupperst in alle Tätigkeiten der Industriekaufleute hinein. Du bist ein Bindeglied zwischen Produktion und Verwaltung und kennst dich sowohl im Betriebsbüro mit der Qualitätssicherung der Produkte als auch in der Logistikkette und den Transportmitteln aus. In der Materialwirtschaft vergleichst du Angebote und verhandelst mit Lieferanten.

In der Produktionswirtschaft planst, steuerst und überwachst du die Herstellung von Waren oder Dienstleistungen und erstellst Auftragsbegleitpapiere. Das Erarbeiten von Kalkulationen und Preislisten gehört zu deinem Aufgabenbereich. Daraufhin führst du Verkaufsverhandlungen mit Kundinnen und Kunden. Bist du im Rechnungswesen tätig, bearbeitest, buchst und kontrollierst du die im Geschäftsverkehr anfallende Vorgänge. Im Personalwesen ermittelst du den Personalbedarf und wirkst außerdem bei der Personalbeschaffung und Personalauswahl mit.

So sieht die Arbeit in der Industrie aus – und welche Voraussetzungen du erfüllen musst

Um in der Industrie erfolgreich zu arbeiten, sind bestimmte Fähigkeiten und Kenntnisse von Vorteil. Besonders wichtig sind ein ausgeprägtes Organisationstalent und die Fähigkeit, strukturiert zu denken. Wer zudem gute Kenntnisse in Mathematik und Deutsch mitbringt, hat solide Grundlagen, um in diesem Bereich zu arbeiten.

Ein sicherer Umgang mit Zahlen und Daten ist essenziell. Dies umfasst sowohl die Fähigkeit, präzise zu kalkulieren als auch die Kompetenz, effektiv zu verhandeln und intern sowie extern zu kommunizieren. Planungstalent ist ebenfalls gefragt, um komplexe Abläufe zu koordinieren und zu optimieren.

Digitalisierung im Beruf Industriekaufmann: Neue Anforderungen und Chancen

Darüber hinaus ist es von Vorteil, im E-Mail- und Telefonverkehr mindestens eine Fremdsprache sicher zu beherrschen. Angesichts der zunehmenden Internationalisierung kommt es immer häufiger vor, dass Verhandlungen mit Kunden und Lieferanten auf Englisch stattfinden. Ein Interesse am wirtschaftlichen Geschehen und an kaufmännischen Abläufen rundet das Profil ab und unterstützt den Erfolg im industriellen Umfeld.

Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt der Industriekaufleute grundlegend. Moderne Unternehmen setzen auf digitale Geschäftsprozesse, nutzen ERP-Systeme wie SAP und arbeiten mit cloudbasierten Plattformen. Für Industriekaufleute bedeutet das, dass sie nicht nur klassische kaufmännische Aufgaben übernehmen, sondern auch mit digitalen Tools und automatisierten Abläufen vertraut sein müssen. Kenntnisse im Umgang mit Datenbanken, digitaler Kommunikation und IT-Sicherheit werden immer wichtiger. Auch der Umgang mit künstlicher Intelligenz und die Fähigkeit, digitale Innovationen in den Arbeitsalltag zu integrieren, sind gefragte Kompetenzen, die in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen.

Arbeitsorte und flexible Arbeitsmodelle: Work-Life-Balance in der Industrie

  • Industrieunternehmen: Viele Industrieunternehmen bieten Arbeitsmöglichkeiten für Industriekaufleute.
  • Mittelständische Unternehmen: Viele mittelständischen Unternehmen stellen oft spezialisierte Industrieprodukte her.
  • Logistikunternehmen: Industriekaufleute finden auch in Unternehmen im Bereich Logistik und Supply-Chain-Management Beschäftigungsmöglichkeiten.
  • Handelsunternehmen: Industriekaufleute können auch in Handelsunternehmen tätig werden, insbesondere in den Bereichen Einkauf, Vertrieb und Logistik.

Die Arbeitsbedingungen für Industriekaufleute sind heute oft flexibler als noch vor einigen Jahren. Viele Unternehmen bieten die Möglichkeit, zumindest teilweise im Homeoffice zu arbeiten. Flexible Arbeitszeiten, Gleitzeitmodelle oder die Option auf Teilzeitbeschäftigung helfen dabei, Beruf und Privatleben besser miteinander zu vereinbaren. Gerade in kaufmännischen Berufen sind digitale Arbeitsmittel und virtuelle Meetings mittlerweile Standard. Das sorgt für mehr Freiheit bei der Gestaltung des Arbeitsalltags und fördert die Work-Life-Balance, was von vielen jungen Menschen als großer Vorteil empfunden wird.

Die offizielle Neuordnung der Ausbildung ab August 2024 betont die Integration von Digitalisierung, Nachhaltigkeit, geschäftsprozess- und projektorientiertem Arbeiten sowie die Bedeutung digitaler Kompetenzen. Auch die gestreckte Abschlussprüfung und neue Einsatzgebiete sind Teil der Reform.

So läuft die Ausbildung zum Industriekaufmann ab

Deine Ausbildung findet in einer Berufsschule statt und im Betrieb. Die Ausbildung ist grundsätzlich auf drei Jahre ausgelegt, es besteht jedoch unter bestimmten Voraussetzungen – zum Beispiel sehr guten schulischen Leistungen – die Möglichkeit, die Dauer auf zweieinhalb oder sogar zwei Jahre zu verkürzen. Um dies zu schaffen, brauchst du die Erlaubnis des Ausbildungsbetriebes. Außerdem benötigst du eine Genehmigung der Industrie- und Handelskammer.

Die Ausbildung erfolgt dual, sodass dir neben den praktischen Inhalten im Unternehmen parallel theoretische Grundlagen an einer Berufsschule vermittelt werden. Nach der Hälfte deiner Ausbildung legst du eine Zwischenprüfung ab.

Du kannst dein Wissen je nach Branche in den Bereichen Vertrieb, Produktentwicklung, Lagerlogistik, Projektabrechnung oder Personalmarketing vertiefen. Du kannst sogar einen Teil deiner Ausbildung in einem anderen Land absolvieren, wenn dein Ausbildungsbetrieb Standorte im Ausland führt. Neben der Vertiefung deiner Sprachkenntnisse bekommst du hier auch einen Einblick in die Arbeitsabläufe anderer Standorte.

Deine Vergütung als Industriekaufmann 

Deine Vergütung während deiner Ausbildungsjahre kann je nach Betrieb und Bundesland variieren. Das sind die durchschnittlichen Vergütungen in Deutschland:

  • 1. Lehrjahr: 946 Euro
  • 2. Lehrjahr: 975 Euro
  • 3. Lehrjahr: 1.060 Euro

Die Schwankungen kommen dadurch zustande, dass du die Ausbildung in verschiedenen Branchen machen kannst. In diesen wird teilweise unterschiedliche vergütet. Die wichtigsten Tarifverträge für Industriekaufleute sind der Tarifvertrag des Elektrohandwerks sowie der Tarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie. Letzterer bietet die höchste Ausbildungsvergütung. Es sind jedoch nicht alle Unternehmen an einen Tarifvertrag gebunden. Es kann auch gut sein, dass du dein Azubi-Gehalt später selbst verhandeln musst. Die Tarifgehälter sind hier dann ein guter Orientierungspunkt, in der Regel wird dein Gehalt aber etwas niedriger ausfallen.

Nach deiner Ausbildung als Industriekauffrau kannst du mit einem Einstiegsgehalt von etwa 3.039 Euro brutto rechnen. Das genaue Gehalt kann je nach Unternehmen und Tarifvertrag variieren. Kleine Betriebe zahlen möglicherweise weniger als große Unternehmen. Zusätzlich zum Grundgehalt gibt es oft Weihnachts- und Urlaubsgeld.

Das mittlere Gehalt für Industriekaufleute liegt in Deutschland bei ungefähr 3.300 Euro brutto pro Monat. Dein Verdienst wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie deiner Position, Erfahrung und Qualifikation. Wenn du deine Arbeit gut machst, kannst du mehr Verantwortung übernehmen und dein Gehalt erhöhen.

Du hast die Möglichkeit, durch Weiterbildungen wie eine Betriebswirt-Ausbildung deine Qualifikation zu steigern und in leitende Positionen aufzusteigen. Industriekaufleute verdienen in Deutschland zwischen 2.500 und 5.000 Euro brutto im Monat, abhängig von ihrer Erfahrung und Position.

Karriereperspektiven und Spezialisierungen für Industriekaufleute

Nach der Ausbildung stehen Industriekaufleuten zahlreiche Karrierewege offen. Je nach persönlicher Neigung und Interesse kann man sich auf Bereiche wie Einkauf, Vertrieb, Controlling, Projektmanagement oder Personalwesen spezialisieren. Mit entsprechender Berufserfahrung und Weiterbildungen, etwa zum Fachwirt, Betriebswirt oder Bilanzbuchhalter, sind auch Führungspositionen erreichbar.

Wer internationale Erfahrungen sammeln möchte, kann sich auf den Außenhandel oder das internationale Management konzentrieren. Auch der Weg in die Selbstständigkeit, zum Beispiel als Unternehmensberater oder mit einem eigenen Handelsunternehmen, ist möglich. Netzwerke wie die IHK, Alumni-Vereinigungen oder Mentoring-Programme unterstützen beim beruflichen Aufstieg.

Arbeitsmarkt und Zukunftsaussichten

Die Nachfrage nach gut ausgebildeten Industriekaufleuten ist weiterhin hoch. Besonders in der Industrie, im Handel und im Dienstleistungssektor werden regelmäßig qualifizierte Fachkräfte gesucht. Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel bieten gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt, sowohl für Berufseinsteiger als auch für erfahrene Industriekaufleute. Gleichzeitig steigen die Anforderungen: Lebenslanges Lernen, regelmäßige Weiterbildungen und die Bereitschaft, sich auf neue Technologien einzulassen, sind heute wichtiger denn je. Wer flexibel bleibt und sich kontinuierlich weiterentwickelt, hat beste Aussichten auf eine erfolgreiche und sichere berufliche Zukunft.

Hier findest du Details zu Weiterbildungen und Aufstiegsmöglichkeiten:

Weiterbildung zum staatlich geprüften Betriebswirt

Diese Weiterbildung dauert in Vollzeit 2 Jahre und in Teilzeit 4 Jahre. Sie findet an Fachakademien oder Fachschulen für Wirtschaft statt und setzt mindestens 12 Monate Berufserfahrung voraus. Der Abschluss ermöglicht dir den Weg zu Führungspositionen.

Aufstiegsweiterbildung zum Fachkaufmann IHK

Diese Weiterbildung bietet dir verschiedene Schwerpunkte wie Büromanagement, Marketing, Personal oder Organisation. Sie dauert je nach Voll- oder Teilzeitformat 3 bis 4 Jahre und führt zu Fach- und Führungspositionen. Die Abschlussprüfungen sind einheitlich geregelt.

Weiterbildung zum Bilanzbuchhalter

Diese Weiterbildung, angeboten in Voll- oder Teilzeit, dauert zwischen 3 Monaten und 2 Jahren. Neben deinem Ausbildungsabschluss benötigst du mindestens drei Jahre Berufserfahrung zur Zulassung. Als Bilanzbuchhalterin oder Bilanzbuchhalter spezialisierst du dich auf den Bereich Finanz- und Rechnungswesen.

Hochschulstudium der Wirtschaftswissenschaften

Alternativ zur Weiterbildung kannst du dich an einer Universität einschreiben und beispielsweise am Studiengang Wirtschaftswissenschaften teilnehmen, um deine Qualifikationen zu erweitern.

Eine Checkliste: Passt die Ausbildung zu dir? 

Industriekauffrau/-mann könnte die richtige Wahl für dich sein, wenn:

  • Du ein Organisationstalent bist und gerne komplexe Abläufe koordinierst.
  • Du großen Wert auf geregelte Arbeitszeiten legst und eine strukturierte Arbeitsumgebung schätzt.
  • Du dir die Möglichkeit offenhalten möchtest, in deiner Karriere voranzukommen und verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen.

Industriekaufmann/-frau könnte hingegen keine gute Wahl für dich sein, wenn:

  • Du wenig Freude am Verhandeln hast und dich unwohl fühlst, in Verhandlungssituationen zu agieren.
  • Dir Zahlen, Tabellen und Rechnungen ein Graus sind und du Schwierigkeiten hast, dich mit Finanz- und Buchhaltungsaspekten auseinanderzusetzen.
  • Du nicht den Großteil deines Arbeitstags am Computer verbringen möchtest und dich in einer überwiegend digitalen Arbeitsumgebung nicht wohlfühlst.