Ausbildung und Studium mit Handicap: diese Möglichkeiten gibt es

Artikel von: Stefan Zinke
Auch mit einer Behinderung kannst du Karriere machen. ©Halfpoint, Adobestock.com

Im Grundgesetz steht, dass kein Mensch aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden darf, was auch im Berufsleben gilt. Dennoch stellt die Berufssuche für Menschen mit Behinderungen oft eine größere Herausforderung dar. Betroffene und ihre Vormunde sehen sich vielen Hürden gegenübergestellt. Es gibt es heutzutage zahlreiche Hilfseinrichtungen und Angebote, an die sie sich wenden können, um einer behinderten Person ihr Recht auf Arbeit zu ermöglichen.

Die richtige Vorbereitung auf eine Ausbildung für Menschen mit Behinderung

Die Vorbereitung auf eine Ausbildung als Mensch mit Behinderung beginnt mit einer intensiven Phase der Berufsorientierung. In dieser Phase werden zunächst die eigenen Stärken und Interessen analysiert, um ein berufliches Ziel abzuleiten. Dabei wird Unterstützung durch Projekte wie „Übergang-Förderschule-Beruf“ angeboten. Sobald passende Berufsfelder identifiziert wurden, kann der Fokus auf praktische Erfahrungen gelegt werden, indem ein Praktikum im Wunschunternehmen absolviert wird.

Weitere Hilfen, wie die Aktivierungshilfe für Jüngere (AhfJ), die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) oder die Einstiegsqualifizierung (EQ), werden zur Verfügung gestellt, um die berufliche Orientierung und Vorbereitung zu unterstützen. Durch diese Maßnahmen können wichtige Schlüsselqualifikationen erworben und Einblicke in die Arbeitswelt gewonnen werden, um optimal auf die Ausbildung vorbereitet zu sein.

Diese Möglichkeiten gibt es für Menschen mit Handicap

Menschen mit Behinderungen stehen heute vielfältige Möglichkeiten offen, um aktiv am Arbeitsleben teilzunehmen. Dank gesetzlicher Regelungen zur Gleichstellung, einem wachsenden Bewusstsein in der Gesellschaft und speziellen Förderprogrammen haben sie Zugang zu unterschiedlichen beruflichen Perspektiven. Trotz bestehender Herausforderungen gibt es zahlreiche Hilfsangebote und Maßnahmen, die es ermöglichen, die persönlichen Fähigkeiten optimal einzubringen und ein inklusives, selbstbestimmtes Berufsleben zu führen.

Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM)

Die Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist die wohl bekannteste Arbeitsstätte für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen. Sie bietet diesen Personen die Möglichkeit, am Arbeitsleben teilzuhaben, und kann als Übergang in den regulären Arbeitsmarkt dienen. Solange ein gewisses Maß an wirtschaftlicher Arbeitsleistung erbracht werden kann, steht die WfbM grundsätzlich jedem behinderten Menschen offen. Dennoch wird empfohlen, zunächst die regulären Ausbildungswege in Betracht zu ziehen, da viele Menschen mit Behinderungen mit entsprechender Unterstützung auch im allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß fassen können.

Unterstützende Beschäftigung (UB)

Bei der unterstützten Beschäftigung wird eine dauerhafte Integration in den regulären Arbeitsmarkt angestrebt. Der Fokus liegt nicht auf dem Erwerb spezifischer Qualifikationen, sondern auf der Förderung und dem Ausbau von Fähigkeiten und Kompetenzen. Jeder Beschäftigte erhält dabei individuelle Unterstützung durch einen Trainer. Diese Maßnahme kann 24 bis 36 Monate in Anspruch genommen werden und bietet eine Möglichkeit, Menschen aus einer WfbM in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. Auch Personen, die später im Leben eine Behinderung erlangen, können diese Beschäftigungsform in Anspruch nehmen.

Inklusionsunternehmen

Inklusionsunternehmen sind Betriebe, die 30 bis 50 Prozent ihrer Arbeitsplätze mit Menschen mit Behinderungen besetzen. Viele dieser Unternehmen bieten auch Ausbildungsplätze, teilweise als Fachpraktiker, an. Dank ihrer langjährigen Erfahrung im Umgang mit behinderten Menschen sind die Mitarbeitenden gut auf besondere Bedürfnisse vorbereitet. Zudem sind die Betriebe meist barrierefrei gestaltet, um auch Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen zu unterstützen. Das Portal REHADAT hilft dabei, Inklusionsunternehmen in der Nähe zu finden.

Die außerbetriebliche Erstausbildung (BaE)

Die außerbetriebliche Ausbildung (BaE) bietet Jugendlichen mit anerkannten Behinderungen eine Möglichkeit, eine berufliche Ausbildung zu absolvieren, wenn sie Schwierigkeiten haben, einen regulären Ausbildungsplatz zu finden. Diese Maßnahme wird überwiegend staatlich finanziert und von der Agentur für Arbeit beziehungsweise dem Jobcenter angeboten.

Voraussetzung für die Teilnahme ist der Nachweis einer Behinderung sowie ein klarer Berufswunsch. In speziellen Akademien, Berufsbildungswerken oder Fortbildungseinrichtungen werden sowohl theoretische als auch praktische Inhalte vermittelt, um die Auszubildenden optimal auf ihre Prüfungen vorzubereiten. Bei Problemen stehen ausgebildete Pädagogen zur Unterstützung bereit. In manchen Fällen kann der praktische Teil der Ausbildung auch in einem ausbildungsberechtigten Betrieb stattfinden.

Nach einem Jahr wird das Ziel verfolgt, die Ausbildung direkt in einem Betrieb fortzusetzen, wobei die Möglichkeit der assistierten Ausbildung besteht. Die Ausbildung dauert je nach Bedarf 24 bis 42 Monate, und auch eine Teilzeitausbildung ist möglich. Alle Vorteile einer regulären Ausbildung, wie Sozialversicherung und Vergütung, sind ebenso gewährleistet.

Die Fachpraktiker-Ausbildung

In der Fachpraktiker-Ausbildung wird der theoretische Anteil reduziert, während der Praxisanteil stärker gewichtet wird. Um diese Ausbildungsform antreten zu können, muss zuvor festgestellt werden, dass eine assistierte Ausbildung oder eine herkömmliche Ausbildung mit Nachteilsausgleich unzumutbar ist. Diese Entscheidung trifft die Agentur für Arbeit. Die vermittelten Inhalte entsprechen denen einer regulären Berufsausbildung, sodass bei entsprechenden Leistungen auch ein Wechsel in eine solche Ausbildung möglich ist.

Die IHK bietet in Oberbayern zehn verschiedene Fachpraktiker-Ausbildungen an, den Großteil im Handwerk, wie beispielsweise dem Lagerbereich, als Koch oder im Siebdruck. Doch auch Ausbildungen im technischen Bereich, wie dem Fachpraktiker für elektronische Systeme sind möglich und bieten eine breite Auswahl an Aufgaben, die sich vor einer herkömmlichen Ausbildung nicht verstecken müssen.

Studium mit Behinderung

An Hochschulen gilt Chancengleichheit für alle Studierenden, auch für Menschen mit Behinderungen. Behinderte Studierende können Nachteilsausgleiche nutzen, etwa mehr Zeit bei Prüfungen oder spätere Abgabefristen für Hausarbeiten. Wenn das Schreiben schwerfällt, können mündliche Prüfungen beantragt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass viele Hochschulen nicht vollständig barrierefrei sind. Außerdem sind eine ausreichende Lernfähigkeit und Sprachgewandtheit wichtig für den Studienerfolg. Da ein Studium für Menschen mit Behinderungen oft länger dauert, sollte bei Anspruch auf BAföG frühzeitig ein Antrag auf Verlängerung gestellt werden.

Ideale Ausbildungsstellen für Menschen mit Handicap

Jeder Mensch ist individuell und hat spezifische Vorlieben. Diese sollten stets in Betracht gezogen werden, wenn es um die Wahl einer Ausbildungsstelle geht. Natürlich sind im Falle einer Behinderung einige Wünsche schwerer umzusetzen als andere.

Dementsprechend wichtig ist es, herauszufinden, welche Art von Tätigkeit nicht ausgeführt werden kann. Auch die Art der Beeinträchtigung muss mit in Betracht gezogen werden.

Barrierefreie Ausbildungsplätze für körperlich beeinträchtigte Personen

Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen sind meist nur in handwerklichen und körperlichen Tätigkeiten eingeschränkt. Eine barrierefreie Arbeitsumgebung ist Menschen mit körperlicher Behinderung essenziell. Glücklicherweise ist eine barrierefreie Arbeitsplatzgestaltung bei vielen Unternehmen inzwischen Standard ist.

Der zunehmende Ausbau von Home-Office-Arbeitsplätzen hat zudem das Angebot an potenziellen Jobs für körperlich beeinträchtigte Menschen stark erweitert. Selbst mit einem Behinderungsgrad von über 50, also als Schwerbehinderter, ist eine berufliche Ausbildung möglich und entscheidend für ein inklusives Leben.

Folgende Ausbildungen bieten sich für körperlich beeinträchtige Personen an:

  • Ausbildungen im Informatikbereich, z.B. als Fachinformatiker
  • Mediengestalter, insbesondere für Digital und Print
  • Ausbildungen in der Buchhaltung
  • Verwaltungsfachangestellte
  • Industriekaufmann/-frau
  • Bankkaufmann/-frau
  • Kaufmann/-frau im Einzelhandel

Ausbildungsplätze bei geistiger Behinderung

Bei geistiger Beeinträchtigung sind handwerkliche Tätigkeiten zu empfehlen. Insbesondere Tätigkeiten, die den Fokus auf eine einzelne Tätigkeit lenken, sind für viele Behinderte ideal. Abhängig vom Behindertengrad ist eine weitreichende Unterstützung nötig.

Mögliche Berufe für geistig Behinderte sind:

  • Florist
  • Gebäudereiniger
  • Tischler
  • Kfz-Mechatroniker
  • Bäcker
  • Fliesenleger

Ausbildungsplätze bei seelisch erkrankten Menschen

Seelisch erkrankte Personen leiden unter einer starken psychischen Belastung. Hohe Stressbelastung ist hier für die seelische Gesundheit nicht zuträglich, sollte also vermieden werden.

Ideale Berufe sind:

  • Tierpfleger
  • Forstwirt
  • Uhrmacher
  • Bibliothekar

Möglichkeiten zur Unterstützung vor und während der Ausbildung